Über Eine die auszog, das Schmieden zu lernen
oder
Die Ehre
der Camy Silberblick
von Rina Smaragdauge
***
Kapitel 1:
Der Auftrag
„Hey, kannst du mir
die Rüstung reparieren?“ dröhnte die tiefe Stimme durch ihre Behausung. Sie hob
den Blick nicht von ihrer Arbeit. „Warum sollte ich das tun? Etwa, weil du mich
so freundlich darum bittest?“„Nein, weil mich Dragbor zu dir geschickt hat. Er
meinte, du würdest kleine Ausbesserungen hinkriegen und wenig dafür verlangen.“
Nun nahm Camy doch den Blick von ihrer Arbeit und sah dem Zwerg, der mit seiner
massigen Figur beinahe die ganze Breite des Türrahmens ausfüllte, direkt ins
Gesicht. Misstrauisch fragte sie:“ Warum dich mein Bruder zu mir schickt, weiß
ich. Aber was hast du mit ihm zu schaffen?“ „War ein Gespräch unter Männern.
Mehr hat dich nicht zu interessieren.“ „Ah, ich verstehe. Aber verzeih mir,
wenn ich sage, dass es sich bestimmt nicht um ein Gespräch unter Männern
gehandelt hat, sondern vielmehr um ein Gespräch zwischen kleinen Gaunern und
Taugenichtse.“
Sie kannte ihren Bruder und ahnte, dass er alles andere als ein
ehrenhafter Zwerg war. Er hatte unter denselben Umständen zu leiden wie sie,
aber er war dadurch auf die schiefe Bahn geraten. „Gauner und Taugenichts? So
redest du mit deiner Kundschaft?!“ Verächtlich blickte er sich in der
improvisierten Schmiede um, die sich Camy in der Küche ihrer schäbigen
Behausung eingerichtet hatte. „Du hast
noch nicht mal einen Meister gefunden, der dich unter seine Fittiche nehmen
wollte, hast also dein Handwerk nicht gelernt, besitzt kein anständiges Werkzeug
und lebst in einem Rattenloch. Und, und bitte verzeih mir wenn ich das so sage…“
betonte er in einem ironischen Ton…“die einzigen Männer, die sich mit dir
abgeben würden sind die besoffenen und ganz und gar unehrenhaften Saufkumpanen
deines absolut unehrenhaften alten Herrn. Also, kleines ach so ehrenhaftes
Zwergengör, mit dem sich noch nicht mal so unehrenhafte Gauner und Taugenichtse
abgeben würden wie scheinbar ich einer bin, tust du jetzt was dein Bruder dir
befiehlt und reparierst ganz brav meine Rüstung, oder nicht?“
Camy senkte den
Blick:“Na gut, du hast mich überzeugt. Gib mir die Rüstung und komme übermorgen
wieder. Dann sollte ich damit fertig sein.“ „Übermorgen?! Nein, ich brauche sie
spätestens morgen früh!“ „Ich habe noch andere Aufträge, die vor deinem zu
erledigen sind.“ „Dann müssen die anderen halt warten!“ brauste der Zwerg auf.
„Ich werde morgen zur Mittagszeit mit unseren Kriegern aufbrechen und die
Orkrotte verfolgen, die immer wieder unsere Außenposten angreifen.“ „Du bist
ein Zwerg der Zwergenwacht?“ fragte Camy überrascht. „In der Tat.“ bestätigte
der Zwerg ihre Vermutung mit breiter, stolzer Brust. „Also, kriegst du sie bis
morgen früh wieder hin?“ „Ja, ich werde sehen, was ich tun kann.“ „Na also,
geht doch. Bis Morgen dann.“ knurrte er in einem leise drohenden Unterton. Ohne
einen Abschiedsgruß oder ein Wort des Dankes drehte er sich um und verlies das
heruntergekommene Haus von Camys Vater. „Das kleine Miststück hat gesagt, sie
repariert sie. Mal sehen, ob die Schlampe so gut ist wie du gesagt hast,
Dragbor.“ hörte sie ihn draußen laut rufen.
„Die Zwergenwacht
nimmt nun schon solche Kerle auf?“ murmelte sie und schüttelte den Kopf. „Wie
tief ist unser Volk nur gesunken? Aber dem Kerl werd ich‘ s zeigen. Mich nennt
man nicht ungestraft eine Schlampe! Und Miststück schon mal gar nicht!“
Ihre
grünen Augen funkelten als sie energisch den geflochtenen Zopf mit einer Spange
aus Eisen hochsteckte, damit ihr schwarzes Haar beim Schmieden nicht im Weg
war. Sie besah sich die Rüstung und schüttelte abermals den Kopf. Dieses Mal
aus Empörung. „Wie kann man nur dermaßen unachtsam mit einer so guten Rüstung
umgehen?“ brummte sie und machte sich an die Arbeit. Während sie den
Zwergenstahl ausbeulte, schadhafte und mehrfach ziemlich schlampig reparierte
Stellen ordentlich ausbesserte, kam ihr eine Idee wie sie sich an dem Zwerg ein
wenig rächen konnte. Sie arbeitete verbissen die halbe Nacht und hörte nicht
einmal ihren Vater nach Hause kommen, der volltrunken von zwei seiner Saufkumpanen
auf die harte Bank im Wohnzimmer gehievt und liegen gelassen wurde.
Als sie ihre Arbeit
erledigt hatte, betrachtete sie sie zufrieden, streckte ihre müden Muskeln und
gähnte herzhaft. Die junge Zwergin war schmächtig für eine Schmiedin und wenn
jemand sie ansah, dann vermutete derjenige kaum, daß sie harte Schmiedearbeit verrichtete.
Und außer einem seltsam traurig-wütenden Ausdruck, der manchmal in ihren Augen
aufblitzte, ließ sie sich auch nie anmerken, wie hart und ungerecht sie ihr
Leben fand. Sie wollte niemandem zeigen, wie sehr sie unter ihren
Lebensumständen litt, wie sehr sie sich ein anderes, zufriedeneres Leben herbei
wünschte.
Bis zum
Sonnenaufgang blieben ihr noch 3 Stunden und so löste sie die Spange aus ihren
Haaren, legte die schäbige, abgetragene Lederschürze ab und trat an die Bank,
auf der ihr Vater laut schnarchend schlief. Sie nahm ein Kissen und eine Decke
aus der Truhe neben dem Kamin, schob das Kissen unter seinen Kopf und deckte
ihn zu. „Was soll ich nur mit dir machen, Vater?“ fragte sie ihn leise und sah
ihm besorgt ein Weilchen beim Schlafen zu. „Ich wünschte, du wärst nicht solch
ein Feigling. Aber irgendwie hab‘ ich dich dennoch lieb.“ Sie strich ihm
zärtlich die verschwitzte Strähne seines grauen Haares aus der Stirn und
bemerkte verwundert, wie alt er aussah. „Du richtest dich zu Grunde und mich
reißt du einfach mit in den Abgrund. Sieh nur, was aus dir geworden ist.“
„Am Ende bekommt
jeder das, was er verdient, Tochter. So ist das Leben nun mal. Gewöhn dich
besser dran.“ grummelte ihr Vater im Halbschlaf und drehte sich mit dem Rücken
zu Camy. „Wenn du kein besseres Leben führen kannst, hast du wohl auch kein
besseres verdient.“ fuhr er fort und noch ehe die Zwergin etwas darauf erwidern
konnte, hörte sie ihn auch schon wieder laut schnarchen. Du machst es Dir verdammt leicht. , dachte sie und ging zu Bett, um
noch ein wenig Schlaf zu finden ehe der unmögliche Zwerg seine Rüstung holen
würde. Bei dem Gedanken an ihre Rache mußte sie kichern und mit einem
schadenfrohen Grinsen um ihren Mund schlief sie ein.
***
Vielen Dank an Raziael, dass er mir eine kleine Ecke in seinem Blogg zur Verfügung gestellt hat. Und auch ein herzliches Dankeschön, dass er mich beim Schreiben unterstützt. Ich hoffe, dass die Geschichte Euch gefällt
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