Mittwoch, 17. Juli 2013

Über Eine die auszog, das Schmieden zu lernen oder Die Ehre der Camy Silberblick



Über Eine die auszog, das Schmieden zu lernen
oder
Die Ehre der Camy Silberblick
von Rina Smaragdauge
 
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Kapitel 1: Der Auftrag

Hey, kannst du mir die Rüstung reparieren?“ dröhnte die tiefe Stimme durch ihre Behausung. Sie hob den Blick nicht von ihrer Arbeit. „Warum sollte ich das tun? Etwa, weil du mich so freundlich darum bittest?“„Nein, weil mich Dragbor zu dir geschickt hat. Er meinte, du würdest kleine Ausbesserungen hinkriegen und wenig dafür verlangen.“ Nun nahm Camy doch den Blick von ihrer Arbeit und sah dem Zwerg, der mit seiner massigen Figur beinahe die ganze Breite des Türrahmens ausfüllte, direkt ins Gesicht. Misstrauisch fragte sie:“ Warum dich mein Bruder zu mir schickt, weiß ich. Aber was hast du mit ihm zu schaffen?“ „War ein Gespräch unter Männern. Mehr hat dich nicht zu interessieren.“ „Ah, ich verstehe. Aber verzeih mir, wenn ich sage, dass es sich bestimmt nicht um ein Gespräch unter Männern gehandelt hat, sondern vielmehr um ein Gespräch zwischen kleinen Gaunern und Taugenichtse.“ 

Sie kannte ihren Bruder und ahnte, dass er alles andere als ein ehrenhafter Zwerg war. Er hatte unter denselben Umständen zu leiden wie sie, aber er war dadurch auf die schiefe Bahn geraten. „Gauner und Taugenichts? So redest du mit deiner Kundschaft?!“ Verächtlich blickte er sich in der improvisierten Schmiede um, die sich Camy in der Küche ihrer schäbigen Behausung eingerichtet hatte.  „Du hast noch nicht mal einen Meister gefunden, der dich unter seine Fittiche nehmen wollte, hast also dein Handwerk nicht gelernt, besitzt kein anständiges Werkzeug und lebst in einem Rattenloch. Und, und bitte verzeih mir wenn ich das so sage…“ betonte er in einem ironischen Ton…“die einzigen Männer, die sich mit dir abgeben würden sind die besoffenen und ganz und gar unehrenhaften Saufkumpanen deines absolut unehrenhaften alten Herrn. Also, kleines ach so ehrenhaftes Zwergengör, mit dem sich noch nicht mal so unehrenhafte Gauner und Taugenichtse abgeben würden wie scheinbar ich einer bin, tust du jetzt was dein Bruder dir befiehlt und reparierst ganz brav meine Rüstung, oder nicht?“ 

Camy senkte den Blick:“Na gut, du hast mich überzeugt. Gib mir die Rüstung und komme übermorgen wieder. Dann sollte ich damit fertig sein.“ „Übermorgen?! Nein, ich brauche sie spätestens morgen früh!“ „Ich habe noch andere Aufträge, die vor deinem zu erledigen sind.“ „Dann müssen die anderen halt warten!“ brauste der Zwerg auf. „Ich werde morgen zur Mittagszeit mit unseren Kriegern aufbrechen und die Orkrotte verfolgen, die immer wieder unsere Außenposten angreifen.“ „Du bist ein Zwerg der Zwergenwacht?“ fragte Camy überrascht. „In der Tat.“ bestätigte der Zwerg ihre Vermutung mit breiter, stolzer Brust. „Also, kriegst du sie bis morgen früh wieder hin?“ „Ja, ich werde sehen, was ich tun kann.“ „Na also, geht doch. Bis Morgen dann.“ knurrte er in einem leise drohenden Unterton. Ohne einen Abschiedsgruß oder ein Wort des Dankes drehte er sich um und verlies das heruntergekommene Haus von Camys Vater. „Das kleine Miststück hat gesagt, sie repariert sie. Mal sehen, ob die Schlampe so gut ist wie du gesagt hast, Dragbor.“ hörte sie ihn draußen laut rufen.
„Die Zwergenwacht nimmt nun schon solche Kerle auf?“ murmelte sie und schüttelte den Kopf. „Wie tief ist unser Volk nur gesunken? Aber dem Kerl werd ich‘ s zeigen. Mich nennt man nicht ungestraft eine Schlampe! Und Miststück schon mal gar nicht!“ 

Ihre grünen Augen funkelten als sie energisch den geflochtenen Zopf mit einer Spange aus Eisen hochsteckte, damit ihr schwarzes Haar beim Schmieden nicht im Weg war. Sie besah sich die Rüstung und schüttelte abermals den Kopf. Dieses Mal aus Empörung. „Wie kann man nur dermaßen unachtsam mit einer so guten Rüstung umgehen?“ brummte sie und machte sich an die Arbeit. Während sie den Zwergenstahl ausbeulte, schadhafte und mehrfach ziemlich schlampig reparierte Stellen ordentlich ausbesserte, kam ihr eine Idee wie sie sich an dem Zwerg ein wenig rächen konnte. Sie arbeitete verbissen die halbe Nacht und hörte nicht einmal ihren Vater nach Hause kommen, der volltrunken von zwei seiner Saufkumpanen auf die harte Bank im Wohnzimmer gehievt und liegen gelassen wurde. 

Als sie ihre Arbeit erledigt hatte, betrachtete sie sie zufrieden, streckte ihre müden Muskeln und gähnte herzhaft. Die junge Zwergin war schmächtig für eine Schmiedin und wenn jemand sie ansah, dann vermutete derjenige kaum, daß sie harte Schmiedearbeit verrichtete. Und außer einem seltsam traurig-wütenden Ausdruck, der manchmal in ihren Augen aufblitzte, ließ sie sich auch nie anmerken, wie hart und ungerecht sie ihr Leben fand. Sie wollte niemandem zeigen, wie sehr sie unter ihren Lebensumständen litt, wie sehr sie sich ein anderes, zufriedeneres Leben herbei wünschte. 

Bis zum Sonnenaufgang blieben ihr noch 3 Stunden und so löste sie die Spange aus ihren Haaren, legte die schäbige, abgetragene Lederschürze ab und trat an die Bank, auf der ihr Vater laut schnarchend schlief. Sie nahm ein Kissen und eine Decke aus der Truhe neben dem Kamin, schob das Kissen unter seinen Kopf und deckte ihn zu. „Was soll ich nur mit dir machen, Vater?“ fragte sie ihn leise und sah ihm besorgt ein Weilchen beim Schlafen zu. „Ich wünschte, du wärst nicht solch ein Feigling. Aber irgendwie hab‘ ich dich dennoch lieb.“ Sie strich ihm zärtlich die verschwitzte Strähne seines grauen Haares aus der Stirn und bemerkte verwundert, wie alt er aussah. „Du richtest dich zu Grunde und mich reißt du einfach mit in den Abgrund. Sieh nur, was aus dir geworden ist.“

„Am Ende bekommt jeder das, was er verdient, Tochter. So ist das Leben nun mal. Gewöhn dich besser dran.“ grummelte ihr Vater im Halbschlaf und drehte sich mit dem Rücken zu Camy. „Wenn du kein besseres Leben führen kannst, hast du wohl auch kein besseres verdient.“ fuhr er fort und noch ehe die Zwergin etwas darauf erwidern konnte, hörte sie ihn auch schon wieder laut schnarchen. Du machst es Dir verdammt leicht. , dachte sie und ging zu Bett, um noch ein wenig Schlaf zu finden ehe der unmögliche Zwerg seine Rüstung holen würde. Bei dem Gedanken an ihre Rache mußte sie kichern und mit einem schadenfrohen Grinsen um ihren Mund schlief sie ein.

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Vielen Dank an Raziael, dass er mir eine kleine Ecke in seinem Blogg zur Verfügung gestellt hat. Und auch ein herzliches Dankeschön, dass er mich beim Schreiben unterstützt. Ich hoffe, dass die Geschichte Euch gefällt

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